Lupinen in der Blüte Bild: AdobeStock 101945165

Nischenkulturen aus Niedersachsen: Ein Gespräch mit Marie von Schnehen

Marie von Schnehen übernahm 2020 den Familienbetrieb bei Göttingen und hat die Umstellung auf Ökologischen Landbau begleitet. Seitdem werden auf dem Hofgut Klein Schneen eine Vielzahl von Nischenkulturen angebaut. Karina Neitzel hat mit ihr über die Herausforderungen im Anbau und die Chancen der Direktvermarktung gesprochen.

Vor drei Jahren habt ihr auf Ökologische Landwirtschaft umgestellt. Wie seid ihr auf die alternativen Kulturen gekommen?

Schon vor der Umstellung hat mein Vater aus purer Neugier Mohn angebaut. Im Zuge der Umstellung haben wir jedes Jahr eine neue Kultur mit in die Anbauplanung genommen. Der Anbau verschiedenster Kulturen dient der Risikostreuung und bietet eine Möglichkeit, sich an den Klimawandel anzupassen. Vor vier Jahren haben wir bereits die Kichererbse und später auch die Lupine integriert. Mittlerweile bauen wir auch Quinoa, Linsen, Hafer und Buchweizen an.

Welche Herausforderungen und Chancen gehen mit dem Anbau in der Region Südniedersachsen einher?

Zu Beginn war eine Herausforderung der Bezug des Saatguts. Die notwendigen Strukturen bzw. Lieferketten existierten für Saatgut aus alternativen Kulturen einfach nicht ausreichend. Im Anbau haben wir vieles ausprobiert und tun dies noch immer. Das macht es auf dem Feld so spannend. Dieses Jahr testen wir einige Mischkulturen. Für das kommende Jahr haben wir zum Beispiel Winterweizen mit Erbsen im Gemenge ausgesät. dabei handelt es sich um eine Backweizensorte und wir möchten testen, ob die Kombination zu höheren Proteinwerten im Weizen führt. In diesem Jahr haben wir Hafer und Ackerbohne zusammen angebaut. Zum einen ist es besser für die Biodiversität und unterstützt zum anderen bei der Beikräuterunterdrückung. Nach der Ernte haben wir die beiden Kulturen über eine spezielle Maschine wieder getrennt, um sie separat vermarkten zu können. Das ist natürlich ein erheblicher Aufwand. Ich bin aber der Meinung, dass man gewisse Dinge manchmal auch einfach mal ausprobieren muss.

Aus den angebauten Lupinen entsteht in Kooperation mit der Göttinger Kaffeerösterei Contigo eine regionale Kaffeealternative. Ich bin absoluter Kaffeeliebhaber: Warum kann Lupinenkaffee eine gute Alternative sein?

Der Kaffee ist eine regionalere Alternative mit deutlich kürzeren Transportwegen. Die Lupinenbohne enthält kein Koffein und ist somit deutlich magenfreundlicher als herkömmlicher Kaffee. Eine Tasse Kaffee am Nachmittag hat häufig einen hohen Gemütlichkeitseffekt. Warum sich also nicht mal auf einen koffeinfreien Lupinenkaffee treffen?
Die Produktion des Lupinenkaffees hat auch ökologische Vorteile: Die Lupine als Kultur erweitert unsere Fruchtfolge und ist dadurch gut für die Biodiversität. Die Pflanze wurzelt eher tief und bindet als Leguminose Stickstoff über die Knöllchenbakterien. Sie ist sozusagen eine „Boden Gut-Macherin“.  Zudem blühen die Lupinen zu einem anderen Zeitpunkt als die anderen Kulturen. Bei uns blüht immer eine Kultur auf dem Acker: erst der Wintermohn, dann die Lupine, Kichererbse, die Linsen und dann die Ackerbohne. Das bietet ausreichend Nahrungsmittel, Schutz- und Erholungsraum für Insekten, Kleintiere und letztlich auch uns Menschen.

Du erwähntest bereits, dass ihr die Kulturen natürlich auch vermarktet. Regionale Produkte haben während der Corona-Krise einen kräftigen Aufwind erfahren. Aktuell stellt sich jedoch für viele Landwirte und Direktvermarkter die Frage, wie sich dieser Trend im Verlauf des Jahrzehnts unter veränderten Rahmenbedingungen weiterentwickeln wird. Wie schätzt du die Entwicklung ein?

Um eine erfolgreiche Direktvermarktung aufzubauen braucht es fünf bis zehn Jahre. Vielfach hat man das Bild von Startups vor Augen. Ein Beispiel: Redbull. Es gibt ein Produkt, das hat wer anders produziert, Redbull selbst übernimmt nur die Vermarktung. Das gesamte Produktionsrisiko liegt beim Hersteller, Redbull hingegen hat die hohe Marge und kann die generierten Umsätze in Werbung und Marketing investieren.

So einfach ist das in der Direktvermarktung natürlich nicht. Die Margen sind viel geringer, die Produktion ist mit deutlich mehr Handarbeit und Aufwand verbunden, das gesamte Produktionsrisiko, das Risiko eines Ernteausfalls oder mangelnder Qualitäten, liegt bei mir. Die Vermarktung muss daher aus sich selbst herauswachsen. Es bringt aus meiner Sicht nichts, einmalig hohe Summen zu investieren. Die Marke muss Schritt für Schritt aufgebaut werden. Das geht nicht von heute auf morgen. Wir befinden uns also noch am Anfang.
Mit dem Aufbau der Direktvermarktung geht bei uns auch die Verkürzung der Wertschöpfungskette einher. Der Anbau findet zu 100 % hier auf unserem Betrieb statt. Anschließend lassen wir einen Teil unserer Erzeugnisse bei Partnern verarbeiten. Die Produkte vermarkten wir dann wieder selbst. Bei der Vermarktung der Produkte achten wir auf möglichst kurze Transportwege. Von daher hoffe ich, dass sich der Trend stetig weiterentwickelt und unsere Produkte und unsere Art der Landwirtschaft die Kunden auch in Zukunft überzeugen. 

Steckbrief Marie von Schnehen:
Ausbildung:
M. Sc. Agrarwissenschaften
Beruf:
Landwirtin
Betrieb Hofgut Klein Schneen:
Ackerbaubetrieb in Südniedersachsen mit der Spezialisierung auf Nischenkulturen. Es werden 15 verschiedene Kulturen angebaut. Teilweise auch als Mischkultur. 

Leistung kompakt

    • Marktforschung
    • Netzwerkveranstaltung
    • Beratung zur Regionalvermarktung

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